Arbeitsweise

Nach Jahren des Experimentierens und Gestaltens mit dem „weichen“ Material Ton wuchs der Wunsch nach mehr Widerstand des Materials und ich begann mit der bildhauerischen Arbeit am Stein: Sandstein, Kalkstein, italienischer und portugiesischer Marmor, weißer und schwarzer Alabaster. Der gestalterische Prozess wird verlangsamt – Geduld und Ausdauer sind gefordert.

Mein Wunsch in der Bearbeitung des Steines ist, ihm seinen Ausdruck von Schwere und Masse zu nehmen, die entstehende Form leicht und beschwingt wirken zu lassen. Die Standfläche der Skulpturen ist meist extrem klein – es entsteht der Eindruck einer mühelosen Aufrichtung gegen die Schwerkraft.

Für meine Arbeit am Stein ist die Beobachtung der Natur – ihrer Formenvielfalt – , den Phänomenen des Wachsens und Vergehens aber ebenso auch der Folgen der einwirkenden Kräfte eine wichtige, verlässliche Inspiration.
Meine berufliche Beschäftigung mit Bewegung und das dadurch geprägte Verständnis von Körper-, Bewegungs- und gestischem Ausdruck geben mir wesentliche Impulse im Prozeß der Formfindung und Ausgestaltung der Skulpturen.

Die Arbeit am Stein ist in besonderer Weise prägend und herausfordernd.
Die Zeitspanne der Arbeit und die Auseinandersetzung mit dem Widerstand des harten Materials stoßen innere Prozesse an, es reifen Erkenntnisse und Einsichten, deren Erfahrung weit über die Fertigstellung einer Skulptur hinausgehen.

Sowohl in der Steinbildhauerei als auch in der Malerei gibt es vorher keine Skizze, keinen Entwurf; die erste Entscheidung fällt bei der Auswahl des Steines oder des Bildträgers – Leinwand, Holz, oder handgeschöpftes Papier.
Die verwendeten Struktur- bzw. Spachtelmassen sowie die Farben sind selbst hergestellt; es werden Materialien in Verbindung gebracht, die in Spannung miteinander geraten; die Strukturmassen reißen unkontrollierbar auf, es entstehen Krater, Schollen unterschiedlicher Größe und Form, raue Schrunden oder Flächen wie von Eruptionen zerrissen, von Erosionen angegriffen oder zerbröckelnder Baumrinde ähnelnd.

Wenn der Gestaltungsprozeß angestoßen ist, folgt das spürende und beobachtende Verfolgen der Reaktionen. Die Fähigkeit, sich auf neue Möglichkeiten einzulassen und den richtigen Moment des ordnenden Eingreifens zu erkennen, ist immer wieder die spannende Herausforderung.

Der künstlerische Arbeitsprozess ist ein Ausdruck des Lebens; er erfordert ein Eingehen auf das, was ist, das Erkennen des Potentials, Neugier, Offenheit und immer wieder das Loslassen von verfestigten Erwartungen. Und – wie im Leben – erschliesst sich mir die Aussage einer Arbeit häufig erst später.